Die jüngsten Sonos-Neuheiten zeigen, dass die Entwickler es sich nicht mit ihrem technischen Vorsprung bequem gemacht haben, sondern im Gegenteil sogar richtig Gas geben. Der bisherige Sonos Play:5 war der älteste Smart-Speaker im Programm, einst vorgestellt als S5, dann umbenannt, aber hardwareseitig seit fünf Jahren unverändert gebaut. Nun bekommt er einen Nachfolger, der ebenfalls Sonos Play:5 heißt, und der bereits während der IFA 2015 Anfang September inoffiziell gezeigt wurde.
Unser Bericht basiert jedoch nicht auf einem kurzen Reinhören während der Messe, sondern auf einem 14-tägigen Test mit verschiedenen Standorten und Raumgrößen. Das ist bei Sonos doppelt wichtig, weil eines der spannendsten neuen Features die Raumakustik in Visier nimmt: Dank Sonos Trueplay, einem automatischen Einmess-System, sollen Sonos-Lautsprecher – alle Modelle, also auch etwa der alte Sonos Play:5 und die weiterhin aktuellen Modelle Play:3 und Sonos Play:1 – nun nahezu unabhängig vom Aufstellort stets ausgewogen und präzise klingen.
Besonders drastisch wirken sich Raumakustik und Stellplatz im Bass aus: bestimmte Frequenzbereiche können sich zu einem Vielfachen der eigentlich korrekten Lautstärke aufschaukeln (dann klingt’s dröhnend und dick) oder durch Auslöschungen auf einen Bruchteil des Soll-Pegels schrumpfen (dann klingt die Musik dünn oder hohl). Je tiefer und basskräftiger ein Lautsprecher arbeitet, desto deutlicher können diese Phänomene zutage treten – und desto deutlicher hört man die Wirkung von Sonos Trueplay.
Der neue Play:5 ist als größter Sonos-Speaker also ideal geeignet, um die Raumakustik-Anpassung zu testen – mehr noch als der gleichnamige Vorgänger, dem er nicht nur ein größeres Gehäusevolumen, sondern auch etwas mehr Membranfläche voraus hat.
Das neue Gehäusedesign ist rundherum glattflächig und verzichtet auf Sicken, Griffmulden und dergleichen. Dies und die Tatsache, dass der verwendete, seidenmatte Kunststoff zwar sehr hochwertig und präzise, aber auch extrem rutschfreudig ist, führt dazu, dass man den überraschend schweren Sonos Play:5 am besten über einer weichen Decke auspackt und auch nur mit erhöhter Vorsicht transportiert – bis man sich etwas mit seiner penetranten Neigung vertraut gemacht hat, einem aus der Hand zu flutschen.
Für einen sicheren Stand am Stellplatz ist indes mit unauffälligen, griffigen Gummifüßchen gesorgt. Füße finden sich nicht nur an der Unterseite, sondern auch an beiden Seitenflächen des Sonos Play:5, denn der Speaker kann – wie bereits der Play:3 – sowohl liegend als auch hochkant stehend betrieben werden. Letztere Aufstellung ist vor allem dann sinnvoll, wenn zwei Play:5 ein Stereopaar bilden sollen.
Die Pärchenbildung geschieht wie alle anderen Einrichtungs-Schritte über die vorbildlich logische und stabile Sonos-App, die es für iOS und Android gibt, oder wahlweise über deren Desktop-Entsprechung unter OS X und Windows. In jedem Fall steuert das Programm sämtliche Sonos-Zonen und deren Einstellungen, bündelt sie auf Wunsch auch zu parallel spielenden Gruppen für Musik im ganzen Haus ohne Echo-Effekte.
Sind mehrere Apps im gleichen System aktiv, arbeiten sie gleichberechtigt und synchron. Das ist nicht selbstverständlich, jedoch enorm praktisch, denn so kann jederzeit jemand sein Sonos-App starten und einer existierenden Playlist etwas hinzufügen oder sie sonstwie bearbeiten.
Auch lokale, auf dem jeweiligen Smartphone oder Tablet gespeicherte Musik lässt sich über die App direkt an das Sonos-System streamen – ein kleiner Trost für das Fehlen der beliebten Übertragungsstandards Airplay und Bluetooth.
Wer den Ton x-beliebiger Apps (Youtube wäre ein typisches Beispiel) drahtlos an seine Anlage beamen will, muss sich also leider woanders umsehen. Davon abgesehen ist die mediale Vielfalt des Sonos-Ökosystems gewaltig: kein anderes System unterstützt nativ so viele Streamingdienste – darunter auch Apple Music, Amazon Prime Music oder Edelkost wie die in voller CD-Qualität streamenden, etwas teureren Anbieter Qobuz und Tidal.
Neben Musik aus der Cloud kann Sonos natürlich auch Dateien von lokalen Festplatten spielen. Voraussetzung ist lediglich, dass diese übers Netzwerk sicht- beziehungsweise lesbar sind. Um die Sortierung nach Künstler, Album und so weiter kümmert sich das System selbst, ist in diesem Punkt also nicht auf ein separates Serverprogramm angewiesen. Das spart Nerven und beim Kauf etwa einer NAS auch Geld, denn Sonos gibt sich ohne Einbußen bei der Performance auch mit alten und langsamen Modellen zufrieden.
Für unseren Test integrierten wir den neuen Sonos Play:5 in ein existierendes Sonos-Netzwerk mit nun insgesamt neun Zonen. Das ging völlig problemlos und dank des auch in diesem Punkt vorbildlichen Apps absolut selbsterklärend in ungefähr einer Minute.
Unter den vorhandenen Sonos-Modellen fanden sich auch alle wichtigen Vergleichsgeräte, allen voran natürlich der alte Play:5. Mal davon abgesehen, dass der neue daneben deutlich glatter, moderner und cleaner aussieht, ist der alte weniger voluminös und findet so noch auf Flächen Platz, die dem Neuen nicht tief genug wären.
Die Bedienung direkt am Gerät ist beim Neuen klar besser: Statt der etwas fummeligen Volume-Wippe und dem kombinierten Play/Pause-Knopf lädt nun ein großzügiger Touch-Bereich in der Oberseite zum lässigen Tippen und Wischen ein – dank Letzterem kann man nun endlich auch bequem zum nächsten oder vorherigen Lied skippen.
Im Klangvergleich stellte sich schnell heraus, dass Sonos das hinzugekommene Volumen nicht mit heißer Luft, sondern offenbar auch mit Technik gefüllt hat. Die Lautsprecheranordnung hinter dem fein perforierten, nicht abnehmbaren Frontgrill ist komplett anders als beim Sonos Play:5 der ersten Generation: Hatte letzterer zwei Zweiwege-Kombinationen mit einem gemeinsamen Monobass und somit fünf Einzeltreiber auf der Front, tummeln sich dort beim Nachfolger sogar sechs Chassis – nun aber in Form dreier nebeneinander angeordneter Zweiwege-Bestückungen.
Rechter und linker Hochtöner sitzen dabei in kleinen horn-ähnlichen Schallführungen, die nach außen zeigen, der mittlere ist plan montiert. Mit so einem Array und einer richtig programmierten DSP-Weiche lässt sich die horizontale Richtwirkung beider Kanäle sehr effektiv kontrollieren, auf eine übertrieben spektakuläre Basisverbreiterung haben die Amerikaner lobenswerterweise dennoch verzichtet.
Stattdessen spielt das neue Sonos Play:5 zwar durchaus weiträumiger, als das schmale Gehäuse das erwarten lassen würde, vor allem jedoch sehr homogen, konsistent und wie aus einem Guss. Dabei jedoch deutlich detailreicher und lebendiger als der Vorgänger.
Absolut verblüffend sind die Pegelfestigkeit und der Bass-Tiefgang des Play:5: Besucher vermuteten regelmäßig die rechts und links des Sonos platzierten, ausgewachsenen Standboxen als Quell des druckvollen, raumfüllenden Wohlklangs. Klare Fortschritte waren auch bei Stimmen zu hören – etwa bei Robert Plant und Alison Krauss (“Rich Woman“ vom Album „Raising Sand“), die sich klarer und prägnanter, dabei aber ohne merkliche Verfärbungen aus dem Mix erhoben.
Keine Frage: der Sonos Play:5 gehört zu den besten One-Box-Streamingspeakern am Markt. Noch begehrenswerter wird er aber durch die Sonos-Truesound-Raumeinmessung, die das klangliche Potential auch bei schwierigen Akustikbedingungen voll auszunutzen hilft.
Sonos Play:5 Preis: 579 Euro (UVP)
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