Jeder der sich schon einmal mit High-End-Kopfhörern beschäftigt hat, wird früher oder später auf den HD 800 (S) von Sennheiser gestoßen sein. Der Over-Ear-Kopfhörer kostet je nach Ausführung zwischen 1.300 Euro – 1.600 Euro und zählt zu Recht zu den Referenzmodellen der Kopfhörer-Baukunst.
Der HD 800 und die überarbeitete Version HD 800 S kommen beide in offenen, ohrumschließenden Gehäusen – Musik ist demnach von innen wie von außen hörbar, eine Schallabschirmung durch das Gehäuse ist hier nicht vorgesehen.
Mit dem Sennheiser HD 820 gibt es neuerdings das erste geschlossene Serienmodell in der 800er Reihe. Optisch und technisch erinnert der Over-Ear-Kopfhörer stark an seine offenen Geschwister. Hauptunterschied: Die Ohrschalen sind mit kratzfestem Gorillaglas abgeschlossen, das auch als Touchscreen bei Smartphones und Tablets Verwendung findet.
Dabei trifft der von den Treibern rückseitig abgestrahlte Schall auf die nach innen gewölbten Glasabdeckungen, die ihn auf ringförmige Absorbtionselemente reflektieren. Der von dem stark reflektierenden Material zurückgeworfene Schallanteil wird dadurch deutlich minimiert und soll das Klangverhalten eines offenen Kopfhörers nachempfinden. Und weil das anscheinend so gut funktioniert, hat Sennheiser diese Technik auch gleich zum Patent angemeldet.
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Wer sein hart erarbeitetes Geld in den Sennheiser HD 820 steckt, investiert in ein Paradebeispiel für deutsche Ingenieurskunst. Der geschlossene Over-Ear-Kopfhörer wird am Firmensitz in der Region Hannover noch von Hand gefertigt und fühlt sich genauso wertig an, wie es sein Preis vermuten lässt. Dieser Eindruck wird durch die mitgelieferte Holzbox verstärkt, in der sich der Kopfhörer sicher aufbewahren und auf Wunsch zur Schau stellen lässt.
Ein weiterer Unterschied zu den offenen Kopfhörern sind die magnetisch haftenden Ohrpolster des Sennheiser HD 820. Diese bestehen aus Kunstleder mit Mikrofaserfüllung und fallen spürbar dicker aus, was den Ohrabschluss und damit die passive Geräuschdämpfung begünstigen soll.
Ein angenehmer Anpressdruck, das geringe Gewicht von 360 Gramm und die weiche Polsterung sorgen bei mir für ein angenehmes Tragegefühl des Sennheiser-Kopfhörers. Selbst nach mehreren Stunden auf dem Kopf kann ich von keinen negativen Begleiterscheinungen berichten.
Für den perfekten Ohrabschluss und die richtige Bassentwicklung ist trotzdem etwas Feingefühl gefragt. Nach kurzem hin- und herrücken scheint der Idealpunkt erreicht und die Außengeräuschdämpfung stellt sich spürbar ein. Damit ist der Sennheiser HD 820 in der Theorie für den Einsatz im Freien geeignet – ein leistungsstarker Verstärker vorausgesetzt.
Die verbauten Ringradiator-Treiber mit 56 mm Durchmesser, die auch im HD 800 und HD 800 S zum Einsatz kommen, sind mit einem Impedanzwert von 300 Ohm deutlich leistungshungrig. Für die Verwendung zuhause bietet der Hersteller mit dem Sennheiser HDV 820 einen passenden Kopfhörerverstärker an.
Zum Zubehörpaket des Sennheiser HD 820 gehören drei 3,6-Meter-OFC-Kupferkabel mit den Steckervarianten 6,3-mm-Klinke, 4,4-mm-Pentaconn und 4-Pin-XLR. Letztere beiden eignen sich für symmetrische Kopfhörerverstärker.
Außerdem liegen dem Kopfhörer ein USB-Stick mit Bedienungsanleitung als PDF-Datei und Frequenzgang-Messbericht, eine gedruckte Bedienungsanleitung, die Aufbewahrungsbox und ein Mikrofasertuch bei.
Der Klassiker HD 800 ist für seinen feinauflösenden Höhenbereich bekannt, könnte hin und wieder aber etwas mehr Fülle im Tiefgang vertragen. Genau an diesen beiden Punkten setzt der Sennheiser HD 820 an: Er nimmt sich in den Höhen ein wenig zurück und wirkt damit besonders krellen Audioaufnahmen entgegen. Der Bass kommt dagegen voluminöser, ist aber keineswegs überrepräsentiert.
Damit fügt sich der Sennheiser HD 820 perfekt in die 800er-Reihe ein. Jeder Ton – egal ob im Präsenzbereich oder im Tiefbass, ob im großen Orchester oder in kleiner Instrukentalbesetzung ist deutlich herauszuhören. Der geschlossene Kopfhörer klingt absolut sauber, ohne Frequenzvorlieben und dennoch unterscheidet er sich von seinen Geschwistern.
Wer vorrangig ernste Musik hört, fährt meiner Meinung nach aufgrund des offenen Designs, den luftigeren Höhen und der größeren Klangbühne mit dem HD 800 (S) besser. Für Rock, Pop und elektronische Musik entscheide ich mich dagegen für den Sennheiser HD 820, da dieser eine Spur straffer, tiefer und weniger anspringend agiert.
Die Entscheidung ob für oder gegen ein Modell aus der HD-800-Reihe ist immer auch eine Frage des persönlichen Geschmacks. Hauptcharakterzug der Kopfhörer ist ihre Nüchternheit, die gnadenlos alles offenlegt, was im Tonstudio produziert wurde – mit allen stilistische Details aber auch den Fehlern in der Tonaufnahme.
Wer nach einem Wohlfühlkopfhörer sucht, der die Musik weichzeichnet, in den Bässen drückt und der Wiedergabe Wärme verleiht, ist hier falsch beraten. Wer dagegen die akustische Lupe aufsetzen mag und kein Detail verpassen will, trifft mit einem Kopfhörer aus der HD-800-Serie die richtige Wahl. Aus dem 3er-Gespann geht der Sennheiser HD 820 Bässe am kräftigsten an und schützt bei lauter Umgebung vor Übersprechen.
Mit dem HD 820 ist Sennheiser der Spagat zwischen audiophiler Wiedergabe und Schallabschirmung durch ein geschlossenes Gehäuse gelungen. Daran haben sich bereits viele Hersteller versucht und sind kläglich gescheitert. Der Hersteller setzt hier auch weiterhin auf seine bewährten Ringradiator-Membranen, die für den natürlichen Klang verantwortlich sind. Ein angenehmer Tragekomfort und das üppige Zubehörpaket runden den Kopfhörer ab und machen ihn zu einer echten Empfehlung für audiophilen Musikgenuss mit einem geschlossenen Kopfhörer.
Sennheiser HD 820 Preis: 1.640,00 EUR
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