Kopfhörer lassen sich in verschiedene Arten unterteilen: On-Ear oder Over-Ear; offen, geschlossen, halboffen; dynamischer Treiber oder doch lieber etwas Exostisches? Darüber hinaus gibt es noch eine weitere Kategorie: Sie unterteilt sich in Kopfhörer, die gut klingen und Kopfhörer die einfach nur gut aussehen.
Zu welcher der beiden letztgenannten gehört der Meze 99 Classics? Diese Frage habe ich mir gestellt, als mich eine Mail aus Rumänien erreichte, mit dem Angebot den geschlossenen Over-Ear-Kopfhörer zu testen. Den Bildern nach war klar, dass es sich beim 99 Classics um ein zeitloses Produktdesign handelt. Schlussendlich habe ich mich dazu entschlossen, den Kopfhörer zu bestellen und was soll ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht.
Trotz hochwertiger Optik ist der Meze 99 Classics kein typischer „Ich-bleibe-lieber-Zuhause“-Kopfhörer. Dies wird durch zwei Dinge klar: erstens aufgrund seiner Ausgangimpedanz von 32 Ohm, die auf den Betrieb an Smartphones zurechtgeschnitten ist. Und zweitens wegen der Fernbedienung samt Mikrofon, die sich am Kabel befinden – damit lassen sich Telefonate „Hands-Free“, mit dem Telefon in der Hosentasche, führen. Im Lieferumfang befinden sich zwei Kabel: ein langes (3 Meter) für daheim und ein kurzes (1,5 Meter) für unterwegs.
Eine stabile Gewebeummantelung schützt die Kabel wirkungsvoll vor Mikrofonieeffekten und gleichzeitig vor dem vorschnellen verknoten. Andererseits stellt sich dadurch eine leichte Geräuschübertragung bei Reibung auf der Kleidung ein.
Die Kabelenden kommen mit vergoldeten 3,5-Millimeter-(mm)-Klinkensteckern und werden jeweils auf der Unterseite der Ohrmuscheln am Meze 99 Classics gesteckt.
In puncto Portabilität sind die Ohrmuscheln schlank genug, um den Kopfhörer in einer Tasche oder dem mitgeliefertem Transport-Case unterzubringen. Praktisch: Im Case ist noch eine kleine Zubehörtasche enthalten, in die Kabel, ein 6,3-mm-Stecker und der Flugzeugadapter passen.
Der Meze 99 Classics erinnert an einen Oldtimer: Elegant, zeitlos und mit bequemem Ledersitz. Die „Weichteile“ bestehen aus Memory-Schaumstoff mit PU-Lederüberzug – echtes Leder darf man in der 300-Euro-Klasse nicht unbedingt erwarten. Die Hardware ist aus gegossenem Zink und Hardware gefertigt. Die Philosophie „Form follows function“ erinnert an den Aufbau des Audioquest Nighthawk, denn laut Meze haben alle Bauteile eine funktionale Bedeutung und wurden erst im Anschluss optisch aufbereitet.
Die eigentlichen Hingucker sind aber die Ohrmuscheln aus gemasertem Walnuss-Holz, die einer CNC-Fräsemaschine entstammen und im Anschluss von Hand aufpoliert werden. Den Meze 99 Classic gibt es in drei Varianten: Wallnuss Gold (hier im Test), Wallnuss Silber und Ahorn Silber.
Der Over-Ear-Kopfhörer verzichtet auf ein verstellbares Schienensystem und regelt seine Passform über den elastischen Innenbügel und das Kopfband. Das funktioniert bei mit erstaunlich gut und führt zu einem sehr angenehmen Sitz auf meinem Kopf. Auch die Polster legen sich angenehm um meine Ohren und sorgen für eine überdurchschnittliche Geräuschisolierung des geschlossenen Kopfhörers – besser noch als beim Sennheiser Momentum.
Hinter den Ohrmuscheln sitzen zwei 40-Millimeter-Neodym-Mylar-Treiber, die bis zu einer unteren Grenzfrequenz von 15 Hertz spielen sollen. Wie sich der Kopfhörer in der Praxis schlägt und sich im Vergleich zu anderen Modellen der 300-Euro-Klasse verhält, gilt es im Meze 99 Classics-Test herauszufinden, den ich an einem iPhone 5 starte.
Der Grundklang des Meze 99 Classics ist – wenn der Kopfhörer gefordert wird – dynamisch und kraftvoll. Sonst spielt er ausgeglichen, ohne sich aufzudrängen und eignet sich für eine breite Palette an Musikstilen. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich ihn vorrangig für Rock, Metal und Elektro einsetzen.
Bassgitarren erhalten einen angenehmen Groove und füllen den Tieftonbereich flächendeckend aus. Die Stärken des Kopfhörers liegen in einer schnellen Ansprache mit mehr Druck im oberen Bass als im untersten Frequenzkeller. Die Mitten klingen angenehm sauber und verhelfen dem Kopfhörer zu einem neutralen Klangbild. Sie liefern nicht den gleichen Schalldruckpegel wie die Höhen und der Bass, schaffen es dafür den Zuhörer in ihren Bann zu ziehen und bauen eine weitläufige akustische Bühne auf.
Der Hochtonbereich ist klar, gut durchhörbar und liefert einen sauberen Übergang zum oberen Mittenbereich. Das heißt, das Musik mit Obertönen angereichert wird und Stimmen eine deutliche Artikulation erhalten, S- und T-Lauten hingegen sauber bleiben. Der Meze 99 Classics spielt lebendiger als der preislich ähnliche Sennheiser Momentum 2 sowie bassstärker und direkter als ein Fostex TR-80.
Wenn Du genug von Schönmalern und Kopfhörern mit aufgeblähtem Grundton hast, ist der Meze 99 Classics eine klare Empfehlung für Dich Wert. Seine Stärken liegen in einer dynamischen Wiedergabe mit Fokus auf Klarheit und Plastizität. Steigern lassen sich seine Klangeigenschaften noch einmal deutlich mit dem externen Kopfhörerverstärker Chord Mojo, der ebenfalls auf eine neutrale Wiedergabe setzt, preislich allerdings ein paar Klassen über dem Meze angeordnet ist.
Sehr gute Ergebnisse habe ich auch mit dem Audioquest Dragonfly V1.2 erzielt, der den lebendigen Klang des Meze-Kopfhörers noch etwas unterstützt. Netter Nebeneffekt: Der mobile D/A-Wandler passt perfekt in die kleine Zubehörtasche des Kopfhörers hinein.
Die rumänische Kopfhörerschmiede Meze beweist, wie dynamisch ein Over-Ear mit geschlossener Bauweise klingen kann und das dafür nicht zwangsläufig ein externer Kopfhörerverstärker notwendig ist. Selbst am iPhone liefert er eine lebendige Performance ab – das zeitlose Design ist unterwegs auf jeden Fall ein Hingucker. Der Meze 99 Classics ist das perfekte Beispiel dafür, dass sich guter Stil und klangliche Substanz nicht gegenseitig ausschließen.
Meze 99 Classics Preis: 284,95 EUR
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