Selten habe ich es erlebt, dass ein UPS-Fahrer einen Standlautsprecher nur unter einem Arm, bis vor meine Türe trägt. Ist das der Fall, verbringt entweder der Kurier seine Freizeit gern im Fitnessstudio oder der Lautsprecher ist besonders leicht.
Bei der Lieferung der Nubert nuLine 244 war letzteres der Fall. Die kompakte Standbox wiegt dezente 15 Kilogramm und ist mit 85 Zentimetern (cm) Höhe (82,5 cm mit Füßen) und 15 cm Breite offiziell der kleinste Standlautsprecher, der mir bisher unterkam.
Vorbild standen dafür zwei altbekannte aus der nuLine-Serie: Die nuLine 84 ist fast identisch hoch, die nuLine 264 genauso schlank. Doch an wen richtet sich ein Lautsprecher, der in vielen Fällen kompakter als eine Regalbox auf einem Ständer ist?
An Design-Liebhaber, an Minimalisten oder an Personen, die auf eine hochwertige Musikwiedergabe durch unaufdringliche Technik stehen. Mir hat die schlanke Linie der Nubert nuLine 244 sehr gut neben einem modernen Smart-TV gefallen. Einzig die sichtbaren Steckverbindungen für die Metall-Schutzgitter trüben leicht die sonst saubere Optik.
Nicht nur die Größe, sondern auch die Technik fällt bei den Nubert nuLine 244 auf – schließlich erreichen die Lautsprecher eine untere Grenzfrequenz von respektablen 39 Hertz (-3 dB), was in dieser Gewichts- und Größenklasse doch eher Seltenheit ist.
Ihr Tieftonfundament erreichen sie mit einer Parallelschaltung von je drei zwölf Zentimeter (cm) Bässen pro Box, die im Bedarfsfall bis zu 20 Millimeter ausfahren. Unterstützung bringt jeweils ein großzügig angelegter Reflexkanal auf der Rückseite der Lautsprecher.
Stehen die Nuberts mit dem Rücken zu nah an der Wand, hilft ein Griff zu einem der beiden Klangwahlschalter am Anschlussterminal, der die Intensität im Bass moderat absenkt.
Aufmerksame Beobachter werden den Mitteltöner auf der schlanken Schallwand vermissen. Anders als etwa die nuLine 264 sind die Nubert nuLine 244 in einer 2-½-Wege- anstatt in 3-Wege-Technik aufgebaut.
In der Praxis übernimmt der obere der drei Tieftöner den Mitteltonbereich mit – nur so schafft es Nubert, die Lautsprecher deutlich unter 1 Meter Höhe zu halten.
Um den Hochtonbereich kümmert sich ein alter Bekannter – der nuOva-Tweeter gehört mittlerweile zur Standard-Ausrüstung der nuLine-Serie. Dieser sitzt asymmetrisch, nach innen eingerückt, um Beeinflussungen des Frequenzganges durch die Schallwand zu verringern.
Den Hörtest bestreiten die Nubert nuLine 244 am Stereo-Verstärker Yamaha A-S1000, der genau wie die Speaker eine Bi-Wiring-Option zur getrennten Ansteuerung des Hoch- und Mitteltieftonbereichs bietet.
Typisch für Lautsprecher von Nubert: ihre Aufgeräumtheit im Klangbild. Jedes Instrument steht an seinem vorgesehenen Ort, verzerrte E-Gitarren-Riffs drängen bis an die äußeren Gehäusekanten. Die Tiefenwirkung reicht relativ ausgeprägt in die Klangbühne hinein – dabei schaffen es nur wenige Details, sich zu verstecken.
Den Lautsprechern von Nubert wird gern ein neutraler, nüchterner Klang nachgesagt – davor machen auch die Nubert nuLine 244 keine Ausnahme. Dampfende Bässe, schrille Höhen – keine Spur von Showgehabe.
Die eigentliche Frage ist allerdings: Wie viel Bass kommt wirklich aus den schlanken Säulen? Die Antwort: jede Menge. Der Tieftonbereich klingt straff, differenziert und bringt Impulse auf den Punkt. Im direkten Vergleich mit Standlautsprechern aus der nuVero-Serie, klingen die nuLine 244 leicht angestrengter, die untersten Lagen genauso leichtfüßig herüberzubringen. Wer jedoch nicht täglich Tiefbassorgien unter Volllast hört, wird mit den Nubert nuLine 244 kaum etwas vermissen.
In James Blakes „Limit to Your Love“ zeigen die Speaker, dass sie selbst in Extremsituationen felsenfest stehen und die 20 mm Hub nicht zuviel versprochen sind. Die bis zu 38-mm-starken und im Inneren mehrfach verstrebten MDF-Gehäuse haben selbst beim tieffrequenten Sinus keine Lust mitzuschwingen.
Stimmen klingen über die Lautsprecher realitätsnah und körperhaft. Scharfe s-Laute oder harte Konsonanten suche ich vergebens. Dagegen liefern die 244er eine nahezu perfekte tonale Balance und dynamische Sprünge, die ich in Anbetracht der Größe nicht erwartet hätte.
Wer es angesichts der klanglichen Neutralität doch direkter mag, greift zum Höhenschalter am Lautsprecher und wechselt in die Brillant-Stellung. Damit klingen die Nubert nuLine 244 etwas anspringender, ohne dabei von ihrer Gelassenheit einzubüßen. Zum musikhören ist mir die Einstellung allerdings bereits zu aggressiv. Stärker bedämpfte Räume werden dagegen von der Zusatzportion Brillanz profitieren. Für minimalistische Einrichtungsstile gibt es die Schalterposition „Sanft“.
Im direkten Vergleich zu den mittlerweile eingestellten Nubert nuVero 10 vermisse ich bei der nuLine 244 etwas mehr Gelassenheit im Bass, das letzte Quäntchen Detail und den Schritt über den Bühnenrand hinaus. Die Maße, der Preis und der neutrale Klangcharakter der nuLine 244 lassen diese Punkte aber schnell vergessen – am Ende bleibt doch ein erstaunlich großer Lautsprecher.
Die vielleicht kleinsten Standlautsprecher der Welt mit dem wahrscheinlich beeindruckendsten Bass ihrer Größenklasse: Die Nubert nuLine 244 sind für diejenigen, die mehr Tiefgang als von Regalboxen wollen, sich aber nicht von Lautsprechern im Wohnraum einschränken lassen. Mir haben sie aufgrund ihrer Maße als schlanke Ergänzung neben dem Smart-TV gefallen. Klanglich sind die nuLine 244 typisch Nubert: neutral, dynamisch und äußerst pegelfest.
Nubert nuLine 244 Preis: 625 Euro
Weitere Informationen: Nubert
Anzeige