Manchmal darf es doch ein bisschen mehr sein – während der Meridian Explorer 2 in erster Linie ein mobiler Alltagsbegleiter ist, soll der Meridian Prime einen festen Platz auf dem Schreibtisch einnehmen.
Die Unterschiede zwischen den beiden Kombinationen aus D/A-Wandler und Kopfhörerverstärker sind dabei gar nicht so marginal, denn der größere Prime treibt auch ausgewachsene Kopfhörer mit seiner Ausgangsimpedanz von unter einem Ohm gebührend an. In-Ear-Kopfhörern werden immer noch kräftige 3 Ohm geboten.
Schön ist, dass der Meridian Prime unauffällig, ja fast zierlich, aber auf jeden Fall schnörkellos auf meinem Schreibtisch steht. Ein kleines Meridian-Logo ziert den quadratischen Aluminium-Kasten auf seinem Deckel.
Die Front bietet gleich zwei 6,3-Millimeter-Anschlüsse im Parallelbetrieb und eine 3,5-mm-Buchse für In-Ears. Am Geräterücken gibts eine Mini-USB-Buchse als einsame Digitalschnittstelle, je einmal Cinch und 3,5-mm-Klinke für Digital Audio Player sowie einen RCA-Ausgang direkt vom Vorverstärker.
Viel mehr braucht es im Alltag in der Regel nicht, zumindest, wenn der Meridian Prime als USB-betriebener Kopfhörerverstärker und D/A-Wandler auf dem Schreibtisch steht.
Am Computer, per asynchroner USB-Zuspielung ist der Meridian Prime in der Lage, Audiomaterial mit einer Auflösung von bis zu 24 Bit und 192 Kilohertz (kHz) zu empfangen. Intern arbeitet der D/A-Wadler mit 32 Bit und 384 kHz.
Intern stehen für beide Sampleraten-Familien (44,1 kHz und 48 kHz) getrennte Quarze bereit. Hauseigene Apodizing-Digitalfilter bringen die digitalen Eingangssignale auf die doppelte Abtastrate und befreien sie so gut es geht von ungewolltem Jitter.
Bis auf das DSD-Format wird jede bekannte Audiodatei einwandfrei unterstützt, so auch MQA, dem neuesten Projekt von Meridian-Gründer Bob Stuart. Liegt eine entsprechende Datei am USB-Eingang an, signalisiert der Meridian Prime den Status per Front-LED.
Alles über das neue Dateisystem erfahrt Ihr im Artikel „Was ist MQA?“.
Mit der Oversampling-Funktion, dem MQA-Decoder und der Eingangsquellenauswahl hätten wir auch fast alle LED-Lichter auf der Frontpartie geklärt, bis auf die noch ausstehende ASP-Anzeige.
Hinter der Abkürzung verbirgt sich „Analogue Spatial Processing“, was einer Crossfeed-Schaltung entspricht. Dabei werden in drei wählbaren Stufen Signalanteile der jeweils gegenüberliegenden Stereo-Seite beigemischt, was einen natürlicheren Klangeindruck, ähnlich dem von Lautsprechern im Hörraum simulieren soll.
Die Signalvermischung funktioniert nicht nur theoretisch gut, sondern ist auch in der Praxis sauber umgesetzt. Tatsächlich klingt das Resultat teils homogener und gefestigt, unterscheidet sich dabei allerdings vom gewohnten Kopfhörerklang, der bekanntermaßen aufgrund unserer Ohrenposition hart getrennt ist.
Zunächst darf der Meridian Prime als klassischer Kopfhörerverstärker an den Computer ran. Klanglich sind die Ähnlichkeiten zum kleineren Bruder, dem Meridian Explorer 2 unschwer erkennbar: Der Meridian Prime klingt neutral ohne hörbare Frequenzgangeinbrüche oder Abschweifungen.
Bässe werden straff reproduziert, Kick-Drums klingen knackig, während Bassgitarren im Mittenbereich plastisch knorrig spielen. Im Zusammenspiel mit dem Audioquest Nightowl (Test) zeigt der Prime in den tiefen kaum Grenzen auf. Sowohl Fundament als auch Tiefgang sind mehr als ausreichend vorhanden, übertrieben kraftvoll klingt er dabei nicht.
An das Tieftonregister schließt sich nahtlos ein sehr musikalischer Mittenbereich an, der Gesangsstimmen und Instrumente unbekümmert und mit viel Sinn für Neutralität wiedergibt.
Die oberen Mitten und der Präsenzbereich klingen offen mit großem Sinn für Details. Diese Eigenschaft eignet sich hervorragend für eine breite Palette audiophiler Kopfhörer – wohingegen die Kombination mit einem Sennheiser HD800 (S) unter Umständen etwas über die Strenge schlagen könnte. Für diesen Fall braucht es eher einen mitten- und bassbetonten Verstärker.
Auch in der Tiefenwirkung liefert der Meridian Prime ein sehr anschauliches Bild und lässt den Hörer in großen Orchesterarrangements die einzelnen Instrumentengruppen sauber zuordnen. Und ist es nicht das, was wir von einem audiophilen Kopfhörerverstärker erwarten: Eine feinzeichnerische Wiedergabe mit breiter Frequenzabdeckung, während wir uns mit verschiedenen Kopfhörern unseren Lieblingssound zur passenden Gelegenheit zusammenstellen?
Dank der parallelgeschalteten Kopfhörerausgänge auf der Front ist ein schneller Wechsel zwischen zwei verschiedenen Modellen problemlos möglich.
Zum Abschluss habe ich den Meridian Prime noch mit den Aktivlautsprechern KEF LS50 Wireless ausprobiert – dank des üppigen Alps-Potentiometers auf der Front, Idas den Ausgangspegel des Vorverstärkers regelt, ist das problemlos möglich.
Der D/A-Wandler im Meridian Prime steht denen der Lautsprecher in nichts nach und klingt sogar noch etwas frischer und direkter im A/B-Vergleich. Wer den Vorverstärker nicht braucht, kann diesen auch einfach deaktivieren.
Wer den Meridian Prime weiter Tunen möchte, greift zum optionalen Spannungsversorger „Meridian Prime Power Supply“ und profitiert von einer speziell abgestimmten Stromversorgung. Allerdings spielt der Meridian Prime bereits mit dem beiliegenden Schaltnetzteil groß auf.
Kompakt, klangstark und perfekt aufeinander abgestimmt: Die Briten von Meridian Audio beweisen mit dem Prime, dass eine audiophile Kette nicht zwingend modular aufgebaut sein muss. Computer links, Kopfhörer rechts und in der Mitte der Meridian Prime, fertig ist die moderne Schreibtisch-Anlage.
Meridian Prime Preis: Preis nicht verfügbar
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