Eine Audio-CD enthält Dateien mit 16 Bit Wortbreite und einer Samplerate von 44,1 Kilohertz (kHz). So viel ist wahrscheinlich jedem bekannt. Die Rohdaten heißen PCM und das Containerformat ist WAV. Audiodaten lassen sich in verschiedenen Formaten komprimieren. MP3 ist das Aushängeschild der verlustbehafteten Datenreduktion, das FLAC-Format wird hingegen am häufigsten für die verlustfreie Komprimierung verwendet.
Da 16 Bit und 44,1 kHz nicht sämtliche Informationen der Aufnahme widerspiegeln wird in professionellen Tonstudios häufig mit einer höheren Auflösung gearbeitet. Das können zum Beispiel 24 Bit und 96 kHz sein oder in seltenen Fällen sogar bis zu 32 Bit und 384 kHz. Da solch hohe Datenraten nicht mehr auf eine handelsübliche Audio-CD passen, werden sie mittlerweile auf HD-Download-Plattformen zum Kauf angeboten. Das wird dann gern Studio Master genannt und entspricht einer 1:1-Kopie der Dateien, die der Mastering-Engineer aus seinem System ausgibt.
Besser geht es also nicht, wie auch, schließlich bekommen wir die Hi-Resolution-Audio-Files quasi aus erster Hand – entweder verlustfrei komprimiert als FLAC (bzw. ALAC), unkomprimiert im WAV-Format oder in DSD, dem ehemaligen SACD-Format, das seit einigen Jahren wieder eine Renaissance erlebt.
Doch es soll noch besser gehen, zumindest wenn man Bob Stuart, Mitgründer von Meridian und treibende Kraft hinter der MQA Ltd. glauben schenkt. Der hat das System Master Quality Authenticated, kurz MQA, entwickelt, dessen Musikdateien besser als die Originalaufnahmen klingen sollen. Wie soll das bitte funktionieren? Dieser Frage werde ich auf den folgenden Zeilen nachgehen.
Die erste Frage lautet nicht „was ist MQA“, sondern was ist es nicht, und zwar ist es kein weiteres Dateiformat. Wir sprechen hier also nicht von einer Alternative zu ALAC, FLAC und WAV sondern von einem Endoder/Decoder-System, das sich eben in diese Container einnistet.
In der Praxis wird dafür eine Studio-Master-Datei genommen, mit MQA komprimiert, bis eine 24 Bit / 44,1-kHz-Datei (oder 48 kHz) entsteht und in einem beliebigen Container wie ALAC, FLAC oder WAV verpackt. Diese Datei lässt sich nun Ressourcen-schonend im Netzwerk streamen. Dabei werden Übertragungsraten von ca. 1,1 Megabit pro Sekunde (Mbps) erreicht; die einer CD liegen im Durchschnitt bei 1,4 Mbps.
Jetzt brauchen wir noch einen Decoder, der die MQA-Datei wieder in ihr Ausgangsformat bringt. Hat man diesen nicht, tut’s erstmal auch jeder beliebige Soft- und Hardware-Player, der den gewählten Container (also ALAC, FLAC oder WAV) versteht. Der sieht die Datei als normale PCM-Datei und gibt sie in CD-Auflösung wieder. Laut der MQA Ltd. soll das schon erste Klangverbesserungen bringen.
Ein echter MQA-Decoder entpackt die Datei hingegen vollständig und bringt sie ohne Verluste in ihr Ausgangsformat, dem Studio-Master-File, zurück. Die ersten Hardware-MQA-Decoder kommen so langsam auf den Markt. Vorreiter sind u.a. die D/A-Wandler Meridian Explorer 2 und Mytek Brooklyn, die Digital Audio Player Pioneer XDP-100R (Test) und Onkyo DP-X1 und bald auch die Streaming-Player aus dem System Bluesound 2.0.
Wird eine MQA-Datei auf einem der Geräte abgespielt, wird das per LED oder einem leuchtenden MQA-Logo angezeigt. Die Datei ist damit „Authenticated“ und signalisiert, dass wir genau das Hören, was auch der Mastering-Engineer im Studio freigegeben hat. Der hat die Datei zuvor digital signiert.
Das klingt soweit erstmal noch unspektakulär, wären da nicht noch ein paar Prozesse, die im Hintergrund geschehen. Die MQA-Datei enthält Informationen über den A/D-Wandler, der bei der Aufnahme verwendet wurde und der MQA-Decoder weiß, in welchem D/A-Wandler er steckt. Daraus ergibt sich ein allwissendes Komplettsystem, das den Klang maßgeschneidert auf die Technik optimiert.
Bleibt die Frage, warum MQA besser als die Originaldatei klingen soll. Die Magie beginnt bereits bei der Codierung des Audiosignals, in dem mit neuartigen Filterverfahren gearbeitet wird. Filter sind dafür da die Übertragungsbandbreite zu begrenzen – dabei werden beispielsweise tieffrequente Schwingungsanteile bei der A/D-Wandlung oder hochfrequente Artefakte bei der D/A-Wandlung entfernt.
Häufig wird in der Digitaltechnik, das sogenannte Standardfilter (auch Brickwall-Filter genannt) eingesetzt, das sich als Bauelement vor dem Analog-Digital-Wandler sowie in der Digital-Analog-Wandlung befindet. Der Theorie nach ist es klangneutral, solange er nicht auf impulsfreudige Musik trifft. Denn in der Praxis fügt das Filter den Tönen sogenannte Vorschwinger und Nachschwinger hinzu, die einzeln nicht hörbar sind, in der Maße jedoch zu einer Verschlechterung der Wiedergabe sorgen. In der Natur tritt dieser Effekt so nicht auf, weshalb wir manche Digitalaufnahmen als verwaschen empfinden.
Um das Problem der Vor- und Nachschwinger zu lösen, gab es bereits in Zeiten vor MQA verschiedene Ansätze in Form spezialisierter Filter mit Namen wie Slow-Roll-off-Filter oder Minimum-Phase-Filter. Eines davon, das Apodizing Filter, stammt von Meridian selbst und auch wenn Bob Stuart sagt, das dieses nicht bei MQA zum Einsatz kommt, weißen die technischen Daten sehr große Ähnlichkeiten auf.
Technisch gesehen beginnt die Einsatzfrequenz des Filter-Sperrbereiches unterhalb der halben Abtastfrequenz und soll alle Vor- und Nachschwinger entfernen. Mit einem steilflankigen Filter steigt zwar das Maß an Nachschwingern minimal an, was jedoch dem natürlichen Schwingungsverhalten von Geräuschen entspricht. Mithilfe von mathematischer Filtermodulierung werden diese mit dem MQA-Filter weitestgehend entfernt.
In der Praxis lässt sich also jede PCM-Datei mit der MQA-Technik bearbeiten – egal, von wann die Aufnahme stammt. Besonders die Aufnahmen, die aus den Anfangstagen der Analog-zu-Digital-Wandlertechnik stammen, sollten spürbar von den neuen Erkenntnissen profitieren.
Doch nicht nur die Filtertechnik allein soll für das neue Musikerlebnis sorgen – das eigentliche Geheimnis liegt darin, dass die Filter auf die verschiedenen Wandlerchips angepasst werden. Die MQA Ltd. hat bereits Verträge mit allen großen Chip-Herstellern abgeschlossen: AKM, Burr Brown, Cirrus Logic, ESS – sie alle sind mit dabei. So ein komplexes System gab es bisher noch nie.
Im Grunde genommen sind die einzelnen Arbeitsschritte hinter MQA nicht revolutionär: komplexe Filtertechniken und Containerformate gab es schon vor MQA. Die Besonderheit liegt in der Weiterentwicklung bestehender Technologien und der Zusammenführung in ein einheitliches Encoder/Decoder-System.
Mit Warner Music konnte MQA bereits das erste Major Label für sich gewinnen. Jetzt ist es an der Zeit, dass der Musikstreamingdienst Tidal nachzieht. Die ersten Geräte sind mittlerweile auf dem Markt und 2016 sollen noch viele weitere folgen. Doch selbst wenn man sich nicht sofort für einen MQA-fähigen Wandler entscheidet, soll der Klanggewinn gegenüber der CD-Auflösung deutlich hörbar sein. MQA hat das Potential das erste Hi-Resolution-Audioformat für den Massenmarkt zu sein. Die Hoffnung stirbt schließlich zuletzt.
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