Wir freuen uns und sind besonders stolz darauf, dass so eine renommierte Künstlerin wie Sie, die HIGH END 2018 aktiv begleitet. Was waren Ihre Beweggründe, die HIGH END-Messe, bei der ja die Musikwiedergabe im Mittelpunkt steht, als Marken- botschafterin zu unterstützen?
Also, ehrlich gesagt war ich anfangs schon etwas skeptisch. Ich bin generell skeptisch, wenn ich als Frontfrau für etwas herhalten soll, was nicht direkt mit dem in Zusammenhang steht, was ich künstlerisch darstelle. In meinen Gedanken habe ich meinem Publikum ein Versprechen gemacht, und zwar, es niemals auf eine solche Weise zu verraten, dass ich mit Hilfe meiner Musik dazu beitrage, irgendwas Belangloses bewerben zu wollen. Deswegen würde ich auch keine kommerzielle Werbung für eine bestimmte Marke machen. So, bei der Messe der HIGH END SOCIETY handelt es sich aber um eine Ausstellung für Unterhaltungselektronik, mit der das bestmögliche Hörerlebnis erzielt werden kann, und deswegen habe ich mich dann dazu bereit erklärt. Und der zweite Grund besteht nicht zuletzt darin, dass ich ziemlich überzeugt davon bin, dass das Herz derjenigen, die diese Messe veranstalten, für die Musik schlägt.“
Sie verbinden faszinierende Musik mit hochwertiger Aufnahmetechnik. Ihre Alben stehen seit jeher für besondere Klangqualität. Was hat Ihr Interesse an der hochwertigen Musikwiedergabe geweckt?
Als mein erstes Solo-Album aufgenommen werden sollte, hat mir viel daran gelegen mit Leuten zusammenzuarbeiten, die hohe Standards ansetzen bei dem, was präsentiert und wie es präsentiert werden sollte. Mein erstes Plattenlabel KKV (Kirkelig Kultur- verksted) und dessen Produzent Erik Hillestad legten sehr viel Wert darauf, ein bestimmtes Niveau aufrechtzuhalten, und ich wollte unbedingt ein Teil davon sein. Die Aufnahmen so einiger meiner früheren Alben fanden im Rainbow Studio in Oslo statt, mit Jan Erik Kongshaug als Toningenieur. Das Aufnahmestudio hat einen legendären Ruf, dank der hervorragenden Arbeit von Kongshaug und seines Gefühls für großartigen akustischen Sound. Aus der ganzen Welt sind Leute in das Studio gekommen, um Aufnahmen zu machen, so wie auch Manfred Eicher von ECM. Auch wenn meine späteren Alben in anderen Studios aufgenommen und unter meinem eigenen Label veröffentlicht wurden, arbeite ich immer noch mit Menschen zusammen, die keine Kompromisse eingehen, wenn es um hochqualitative Aufnahmen, Mixing und Mastering geht. Das gilt ebenfalls für Bengt E. Hanssen, meinen wichtigsten Partner und derzeitigen Produzenten. George Tanderø möchte ich an dieser Stelle auch erwähnen, ein wahrer Meister des Mixings und Masterings.
In der Audiobranche haben Sie eine große Fangemeinde. Viele Ihrer Anhänger haben natürlich auch ein Interesse an Ihrer Person. In Ihren Liedern erzählen Sie immer Geschichten. Nach eigenem Bekunden entstehen Ihre Texte aus Beobachtungen über den Menschen und das Leben. Ihre Lyrics sind voller Poesie. Wie entstehen diese Begegnungen, die dann zu Geschichten werden?
Geschichten gibt es überall und in jedem. Aber man muss offen für sie sein. Mich hat in Oslo mal ein Taxifahrer nach Hause gefahren, ein schwarzer, großer Typ. Er hat mir erzählt, er sei Tänzer gewesen und dass er seine Tanzpartnerin verloren habe und damit die Frau, die er liebte, so dass er nie wieder tanzen konnte. Er hatte Tränen in den Augen, als er mir das erzählte. Seine Geschichte hat mich sehr bewegt und ich habe sie noch am gleichen Abend aufgeschrieben. Aber es hat dann noch mehr als ein Jahr gedauert, bis mir klar war, wie ich daraus einen Song machen konnte. Manchmal, wenn mir eine Begegnung immer wieder durch den Kopf geht, oder etwas, über das ich gelesen oder von dem ich gehört habe, weiß ich, dass darin ein Song verborgen ist, der darauf wartet, ans Licht geholt zu werden. Es liegt dann an mir, ihn zu bergen. Auf meinem letzten Album, Det Vi Har, gibt es ein Stück über die Stimme von Rim Banna, einer palästinensischen Künstlerin und bemerkenswerten Sängerin. Sie ist eine Freundin von mir, wir haben ein Duett gesun- gen für das Album „Lullabies from the Axes of Evil“. Seit vielen Jahren leidet sie an Krebs, hat viele Behandlungen über sich ergehen lassen müssen. Ich habe mit ihr gesprochen, als wir letztes Frühjahr das aktuelle Album aufgenommen haben, und ihre Stimme klang irgendwie seltsam am Telefon. Sie habe ihre Stimme verloren, sagte sie mir, eine Auswir- kung der heftigen Krebstherapie. „Kari, ich kann nicht mehr singen“, waren ihre Worte. Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Ich wollte etwas für sie tun, aber niemand konnte ihr dabei helfen, ihre wunderbare Stimme zurückzubekommen. Welch eine furchtbare Tragö- die. Ich sah eine Parallele zu der Geschichte ihres palästinensischen Volkes, welches mehr und mehr im Begriff ist, sein Land zu verlieren. Den Song „Rim sin stemme“ schrieb ich noch am selben Abend.
Sie komponieren und texten. Was entsteht zuerst? Ist es die Melodie oder sind es die Geschichten?
Als Erstes kommt der Text. Mit dem Text beginnt auch die Musik in mir, wird der Boden bereitet. Anders herum funktioniert es bei mir nicht, und man kann mir glauben, ich habe es versucht. Ich muss zuerst wissen, was ich sagen möchte, bevor ich heraus finde, wie ich es sagen kann.
Wie sind Sie zur Musik gekommen?
Ich kann mich an keine Zeit erinnern, an der Musik nicht allgegenwärtig war. Meine Mutter spielte Klavier und sang auch viel, mein älterer Bruder hat schon in sehr jungen Jahren begonnen, Gitarre zu spielen. Ich selbst fing mit Geige, Klavier und Gitarre an, während mein jüngerer Bruder Lars Saxophon spielte. Ich wuchs in einem Zuhause auf, in dem Musik eine zentrale Rolle spielte. Mein Vater ist Dichter. So gab es immer Gelegenheiten zum Reden, Singen und Musik machen. Aber wir haben es niemals für möglich ge- halten, unseren Lebensunterhalt damit zu verdienen, der Gedanke ist mir überhaupt nicht gekommen. Und heutzutage sind meine beiden Brüder Ola und Lars Berufsmusiker und Singer-Songwriter.
Gab es entscheidende Einflüsse über die Zeit hinweg, die Ihre Musik beeinflusst haben?
Als ich zum ersten Mal Leonhard Cohen gehört habe war ich tief berührt, genauso ging es mir bei Joni Mitchell und Bob Dylan. Bei allen von ihnen gibt es die Poesie und die Musik. Beide Elemente sind für mich von ganz entscheidender Bedeutung. Was Joni Mitchell auch noch so besonders macht, ist ihr musikalischer Genius und die innovative Weise, mit der sie Gitarre spielt. Sie ist Inspiration pur.
Musik wird oft eine „universelle Sprache“ genannt. Was ist damit gemeint? Und was macht diese Sprache universell?
Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass Musik dazu fähig ist, Menschen über Grenzen hinweg zu erreichen. Zum Beispiel, wenn ich meine Musik in anderen Ländern spiele und in meiner norwegischen Sprache singe, scheinen Menschen einen emotionalen Zugang dazu zu finden, selbst wenn sie die Worte nicht verstehen. Musik scheint andere Bereiche unseres Geistes zu erschließen und dabei unsere Sensibilität zu berühren.
Welchen Rat würden Sie jungen Musikern geben, die sich als Pro durchsetzen wollen?
Ich habe nur einen Rat für sie und der lautet, sich selbst treu zu bleiben bei dem, was man ausdrücken möchte. Und das zu tun, was man tun muss, um in der Lage zu sein es auszudrücken. Dazu gehört auch ernsthaft daran zu arbeiten und auf der Suche zu bleiben. Um ein Publik wirklich erreichen zu können, muss man, glaube ich, auch ehrlich dran interessiert sein, mit Menschen zu kommunizieren.
Wie sehen Ihre weiteren Pläne für dieses Jahr aus?
Unsere Deutschland-Tour 2018 läuft vom 24. April bis 7. Mai und wir freuen uns schon richtig darauf. Im Sommer spielen wir auch noch auf ein paar Festivals. Aber wir sind im letzten Jahr und auch im Januar und Februar dieses Jahres schon so viel auf Tour gewesen, dass wir den Herbst nutzten möchten, um uns zu sortieren und ein paar Sachen für die Zukunft anzugehen.
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