Premium Kopfhörer = Premium Ausstattung = Premium Klang? Diesen Fragen treten zwangläufig auf, wenn man einen Kopfhörer wie den Fostex TH-900 MK2 für knapp 2000 Euro in den Händen hält. Die Neuauflage des Fostex-Urgesteins wartet mit kleineren Detailverbesserungen auf – allen voran einem Kupferkabel, das sich jetzt erstmals abnehmen lässt.
Der Lieferumfang liegt auf mittlerem Niveau: Kopfhörer und Kabel sind in getrennten Taschen untergebracht die sich bei Auslieferung in einem einfachen Pappkarton befinden. Das soll mich nicht weiter stören, schließlich landet die Umverpackung direkt im Regal – andere Premium-Hersteller fahren in dieser Disziplin allerdings deutlich größer auf.
Immerhin liefert Fostex zum neuen TH-900 gleich noch einen Kopfhörerständer mit. Auch der ist nicht Premium, erfüllt aber seinen Zweck und drapiert den Kopfhörer angemessen.
Das soll es aber auch schon mit der Nörgelei gewesen sein, denn die Verarbeitung des Fostex TH-900 MK2 spielt ganz klar in der 1. Liga. Herausstehendes Merkmal ist wie bereits beim Vorgänger, die aufwendige Muschelfertigung. Die Gehäuse bestehen aus japanischer Zierkirschenbirke, die zunächst mit Silberfolie versehen und anschließend mit Urushi-Lack vollendet wird. Darauf werden aus Platin gefertigte Fostex-Logos aufgesetzt und die Schalen abschließend in mühevoller Handarbeit auf Hochglanz poliert.
Sind die Gehäuse einmal fertig, werden die 50-Millimeter-Biodyna-Treiber und die Neodymmagneten mit einer Feldstärke von 1,5 Tesla eingesetzt. Die Ohrpolster bestehen aus Proteinleder, was je nach Hördauer für leichte Wärme auf den Ohren sorgt.
Sitzt, passt und hat Luft – zumindest, wenn es nach meinen Ohren geht. Die Polster sind groß genug, um auch große Lauscher unterzubringen. Ein leichter Anpressdruck sorgt für sicheren Halt, ohne dass der Hörer meinen Kopf einklemmt. Das Kopfband lässt sich weit auseinanderziehen und deckt damit auch große Köpfe locker ab – auch Brillenträger dürften damit keine Probleme bekommen.
Zu den Neuerungen des Fostex TH-900 MK2 zählt wie eingangs erwähnt, dass sich das Kabel nun austauschen lässt. Im Lieferumfang liegt ein stoffummanteltes Kupferkabel mit 3 Metern Länge und einem 6,3-mm-Klinkenanschluss bei. Optional bietet der Hersteller noch ein 4-Pol-XLR-Kabel zum Austausch an. Einen Adapter auf 3,5-mm-Klinke muss man sich ebenfalls selbst besorgen.
Wenn es ein charakteristisches Klangmerkmal beim Fostex TH900 MK2 gibt, dann ist es zweifelsfrei sein Bassbereich. Nun ist es nicht so, dass der einfach nur dick aufträgt und den Fostex-Kopfhörer zum Schönmaler macht – viel mehr überzeugt er mit einem kräftigen Fundament und einer selten erreichten Tiefe.
Mit Rockmusik äußert sich das u.a. in erstaunlich großen Kickdrums und – je nach Mischung – in sehr tiefen Bassgitarren. Dabei wirkt der Kopfhörer allerdings nicht träge, sondern stellt auch Kesselpauken in Orchesteraufnahme mit straffen Impulsen dar.
Kurz zum Vergleich den Kopfhörer-Elektrostaten Enigmacoustics Dharma D1000 (Test) aufgesetzt, bestätigt sich der gewonnene Klangeindruck. Der D1000 verschiebt den Bassanteil etwas nach oben und klingt leicht kontrollierter, während der Fostex mehr Tieftonfülle aus der Musik herausholt.
Die Mitten klingen im Vergleich zum Bass eher milde abgestimmt und nicht zu direkt. Das wirkt sich in einem balancierten Kräfteverhältnis bei der Wiedergabe von Stimmen aus, die mehr Teil der Gesamtmischung sind, anstatt vor den Instrumenten zu stehen.
Die Höhen halten es wie der Bass und geben ebenfalls kräftig Gas. Trotz ihrer Liebe zum Detail klingen sie allerdings nicht scharf, sondern sehr sauber und feinauflösend. Damit bleiben Stimmen frei von überzogenen s- und t-Lauten, während sich Schlagzeugbecken nicht zu weit in den Vordergrund drängen. Eine leicht helle Färbung geht jedoch damit einher, die allerdings nicht so ausgeprägt wie beim Sennheiser HD800 ist.
Die räumliche Abbildung zeigt sich ebenfalls auf Spitzenniveau, mit einer weitläufigen Bühne und einem guten Blick in die Tiefe des Geschehens hinein. Hier verhält sich der Fostex umgekehrt zum Dharma D1000, der noch etwas mehr Tiefgang bietet, dafür die akustische Bühne etwas enger zusammen hält.
Zum Abschluss rufe ich mir noch einmal die Klangcharakteristik des Fostex TH-600 aus der Erinnerung hervor, der mir vor allem angesichts des Preises sehr gut gefiel. Der 900er bringt von allem noch ein bißchen mehr: mehr Tiefe, mehr Details und mehr Räumlichkeit. Einzig Ausnahme sind die Mitten, die beim TH-600 etwas präsenter sind. Den besseren Show-Effekt mit genügend Ernsthaftigkeit liefert hingegen eindeutig der TH-900 MK2.
Verarbeitung, Tragekomfort und Anfassqualität: Am Fostex TH-900 MK2 gibt es nichts auszusetzen. Der Klang spielt wie schon beim Vorgänger auf höchstem Niveau. Ob das austauschbare Kabel einen Mehrpreis von rund 200 Euro rechtfertigt, sollte man sich vor dem Kauf allerdings stellen.
Fostex TH-900 MK2 Preis: 1960 Euro
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