

Wenn der Postmann zweimal klingelt, hat er etwas Schweres im Gepäck. Bei einem Kopfhörerverstärker gehen wir in der Regel von einem Gewicht im einstelligen Kilogramm-Bereich aus. Doch dieses Mal sollte alles anders kommen.
40 Kilogramm wurden über die Redaktionstür gestemmt und dann war er endlich da: Der Fostex HP-V8. Nach Tagen voller Spannung und ersten Preview-Bildern im Internet konnten wir es dennoch kaum glauben: ein röhrenbetriebener Kopfhörerverstärker, der größer als ein ausgewachsener AV-Receiver ist und sich preislich im oberen vierstelligen Euro-Bereich bewegt. Davon gibt es tatsächlich nicht viele auf dem Markt.
Der Fostex HP-V8 in Zahlen: 43 cm (b) x 25 cm (h) x 42 cm (t), 31-kg-schwer mit je 2x KT88,- E88CC-, 300B-Röhren.
Trotz seines Gewichts war der Röhren-Kopfhörer-Verstärker letztendlich in wenigen Minuten ausgepackt und aufgebaut. Zunächst haben wir ihn mit einer hochwertigen Audioquelle der Firma Linn und einem Beyerdynamic T1-Kopfhörer verbunden und dem Verstärker erst einmal Zeit gelassen, sich und seine Röhren einzuspielen. Dies gab uns genug Zeit, um den Fostex HP-V8 etwas genauer zu inspizieren.
Die Basisplatte des Verstärkers besteht aus einem 2-Kilogramm-schweren Aluminiummantel. Dieser wird von einer massiven Metallhaube umgeben, mit einem großen Fenster auf der Front und freiem Blick auf die Röhren. Eine Teflon- und OFC-Platte für die Ausgangsstufe verhindert ungewollte Vibrationen. Vier Gummi-Füße sorgen für zusätzliche Schwingungs-Absorbtion.
Das Anschlussfeld auf der Rückseite des Fostex HP-V8 gibt sich sehr spartanisch. Einen analogen Cinch-Eingang und einen Stromanschluss von Furutech AC – mehr gibt es nicht und mehr sollte es laut Fostex auch nicht geben, aus Gründen maximaler Klang-Reinheit.
Die Vorderseite gestaltet sich dagegen deutlich lebendiger. Zwei getrennte Kopfhörerausgänge für symmetrische und unsymmetrische Modelle hält der Verstärker bereit. Ein Ausgangswahlschalter wechselt zwischen den beiden Anschlussarten.
Auf der gebürsteten Alu-Front des Fostex HP-V8 befindet sich weiterhin eine vier-stufige Impedanzanpassung, die sich im Kopfhörer-Spektrum zwischen 16 Ohm und 600 Ohm bewegt. Zunächst wird zw. hoch- und niederohmigem Kopfhörer entschieden. Anschließend wird dieser als Hi- oder Low-Gain-Modell definiert. Die Lautstärkeregelung wird elektrisch von einem großen Aluminium-Regler übernommen und stammt von New Japan Radio.
Optisch tanzt die digitale Lautstärkeanzeige etwas aus der Reihe. Bei einem röhrenbetriebenen Kopfhörerverstärker mit komplett analogem Aufbau geht man in der Regel von einem analogen VU-Meter aus. Hier ist das Display digital und gibt den Grad der Lautstärke in großen Zahlen an.
In puncto Röhren setzt der Fostex HP-V8 Elektronenröhren vom Typ KT88 für die Endstufe ein, während zwei 300B-Röhren in der Antriebsstufe sitzen. Beide Typen sind groß mit dem Fostex-Schriftzug versehen. Die Vorstufe ist mit JJ E83CC-Röhren bestückt.
Die Ausgangsübertrager wurden für den Fostex HP-V8 eigens entwickelt. Jeder Trafo wird von Hashimoto Electricity noch von Hand gewickelt. Damit wird ein Signal-zu-Rauschabstand von sehr niedrigen 115 Dezibel erreicht, was eher untypisch für einen Röhren-Kopfhörerverstärker ist. Sensible Kopfhörer wird es freuen, da das Grundrauschen damit auf einem Minimum liegt.
Für den exklusiven Fostex HP-V8-Test hatten wir nur wenige Tage Zeit, um mit ihm zu experimentieren. Klanglich boten uns die paar Tage allerdings höchsten Hörgenuss. Wir begannen den Hörtest mit Rock,- Blues- und Pop-Titeln, mit denen der Fostex HP-V8 sichtlich unterfordert war.
Snare-Drums erhielten eine ausgeprägte Plastizität. Gitarren klangen kernig mit viel Liebe im Grundton und Gesangsstimmen kamen druckvoll und warm. Unabhängig von Instrumentierung und Song – der Fostex HP-V8 strahlte eine große Ruhe aus und spielte im gesamten Klangbild sehr sauber auf.
Je dynamischer die Musik, desto schwungvoller war auch der Klang des Röhren-Kopfhörer-Verstärkers. Die sinfonischen Tänze von Sergei Rachmaninow bilden eine breite Palette von schweren Impulsen bis hin zu leichtgewichtigen Details ab. Eine Triangel klang über den Fostex HP-V8 mehr golden als silbrig. Ebenso dezent war auch sein Umgang mit S- und Zischlauten sowie harten Konsonanten in Gesang und Sprache.
Bei einer Sopran-Aufnahme mit Orgelbegleitung erschien die Sopranistin fast greifbar vor uns zu stehen. Der begleitende Orgelton wurde in perfekter Lautstärke dazu gesetzt, ohne eine klangliche Nachverdeckung zu bewirken. Das straffe Bassverhalten des Fostex-Verstärkers sorgte auch bei Aufnahmen großer Konzertflügel für eine lebendige Dynamik.
In der Wagner-Ouvertüre „der fliegende Holländer“ stellte der Fostex HP-V8 noch einmal sein gesamtes Können unter Beweis. In der Tiefe der Bühne waren die einzelnen Instrumente sehr gut hintereinander gestaffelt. Die Breite der Bühnendarstellung schien trotz Kopfhörer fast grenzenlos zu sein. Die Obertöne der Bläser standen in ausgeglichener tonaler Balance zu den fein gezeichneten Streichersätzen. Eine ausgezeichnete Durchhörbarkeit komplexer Strukturen brachte dazu noch die grollenden Pauken im Hintergrund perfekt zum Vorschein.
Der Fostex HP-V8 überzeugt nicht nur mit exzellenter Technik und Verarbeitung, vor allem seine klanglichen Fähigkeiten haben es uns angetan. Große Klangkörper bildet der Röhren-Kopfhörer-Verstärker dynamisch und mit viel Lebendigkeit ab. Während er Solisten mit großer Plastizität Ausdruck verleiht. Der Fostex-Verstärker zeigt eindrucksvoll, was ein bis ins letzte Detail durchdachter Röhrenaufbau klanglich leisten kann. Einziger Haken: Hat man ihn erst einmal gehört, will man ihn nicht wieder hergeben.
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